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Einmal bunt durchs Jahrhundert gestapelt

Klassiker: Wenn ein Architekt und Industriedesigner mit einer Kunstmalerin eine Allianz eingeht, entstehen Klassiker: Das Ehepaar Charles und Ray Eames bildet zusammen die perfekte Ergänzung für pragmatisches und optisch ansprechendes Design.

Einmal bunt durchs Jahrhundert gestapelt

Die Kunststoff- und Fiberglas-Stühle von Eames bringen auf zeitlose Art Farbe und Stil in den Raum. Bild: Vitra

Ein Klassiker zeichnet sich durch zeitloses Design aus, das auch heute noch die Menschen anspricht. Der «Eames Fiberglass Chair» ist ein solcher Klassiker. Das bedeutende Möbelstücke des 20. Jahrhunderts wurde vom Ehepaar Charles und Ray Eames als revolutionärer Stapelstuhl für die Massenproduktion entworfen. Ihm gebührt besondere Aufmerksamkeit, denn sein Aussehen setzt auch nach 70 Jahren immer noch Massstäbe. Das beweisen die vielen preisgünstigen Nachahmerprodukte, die in heimischen Einrichtungshäusern angeboten werden. Doch nichts geht über das Original, hinter dem eine faszinierende Geschichte steckt.      

Das Material kommt von der U.S.Army

Zu Beginn ihrer gemeinsamen Arbeit Anfang der 1940er-Jahre experimentieren die Eames mit der dreidimensionalen Verformung von Sperrholz. Ihr Ziel ist, bequeme, aber preisgünstige Stühle zu entwickeln. Doch der Zweite Weltkrieg kommt ihnen in die Quere, ihr Fachwissen wird 1942 bei der U. S. Navy gebraucht. Anstatt Stühle stellen die Designer für die nächsten drei Jahre ausgeklügelte Beinschienen aus Sperrholz für verletzte Soldaten her – was für ein Kontrast!

Sofort nach dem Krieg nehmen Charles und Ray Eames ihre Versuche mit günstigen Baustoffen wieder auf: Nach all den Entbehrungen sind die Menschen bereit für Neues, auch Unkonventionelles. Bereits die erste Ausstellung mit Möbelentwürfen der Eames sorgt 1946 im Museum of Modern Art, «MoMa», in New York für Aufsehen. Zwei Jahre später belegt das amerikanische Designerpaar den zweiten Platz im International Competition for Low-Cost Furniture Design. Ihre Entwicklung ist ein Metallstuhl, der anstelle einer bis anhin üblichen separaten Rückenlehne und Sitzfläche nur eine Sitzschale aufweist. Als Unterbau bieten sie verschiedene Varianten an, die als Beine an die Schale geschraubt werden können: Der Prototyp des bekannten Eames-Stuhls ist geboren.

Eine Revolution in der Möbelherstellung

Den bislang gängigen Werkstoff Metall ersetzen die Eames in der Weiterentwicklung durch einen kostengünstigeren, glasfaserverstärkten Kunststoff, das Fiberglas. Die Materialwahl ist ein Novum in der Möbelindustrie: Bislang wurde dieser Kunststoff nur für den Bau von Radarschirmen in der US-Armee verwendet. Das Designerpaar erkennt jedoch die Vorteile des Materials und nutzt es konsequent: Formbarkeit, Festigkeit, angenehme Haptik sowie die Eignung zur industriellen Massenproduktion.

Charles und Ray Eames machen es sich zur Aufgabe, das Fiberglas verschieden zu färben. Sie verbringen viele Tage in der Fabrik, mischen verschiedene Farbtöne und testen sie an Stuhlprototypen. Farben, das ist die Welt von Ray Eames. «Ich habe die Malerei nie aufgegeben. Ich habe nur meine Palette gewechselt», kommentierte sie einst ihre Karriere als Designerin. Die Farbwahl steht auch für ihren Mann im Fokus. Er sagte über seine Vision des dunklen Farbtons «Elefantenhautgrau»: «Was ich wirklich will, ist ein Schwarz mit Gefühl.» Weil die Farbe eine wichtige Rolle beim Eames-Stuhl einnimmt, wird der Fiberglas-Stuhl heute noch in sechs ausgewählten Originalfarben mit den klingenden Namen Elefantenhautgrau, Marineblau, Pergament, Raw Umbra, Rotorange und Meerschaumgrün produziert.

Der «Eames Fiberglass Chair» geht also 1950 in Produktion und wird noch im selben Jahr in die Sammlung das New Yorker MoMa aufgenommen. Als erster in Serie gefertigter Kunststoffstuhl der Welt wird er in den folgenden Jahrzehnten zur Designikone: Die stapelbaren Stühle sind seither in Wohnungen, Schulen, Büros und öffentlichen Räumen auf der ganzen Welt zu sehen. Aufgrund ihrer Steifigkeit sind die Fiberglas-Stühle auch in Sportstadien beliebt.

Der Klassiker wird umweltfreundlich

Die von Umweltbewusstsein geprägten 1990er-Jahre sind ein Wendepunkt in der Geschichte des «Eames Chair»: Vitra, der europäische Hersteller und Vertreiber des Stuhls, stellt die Produktion des Fiberglas-Stuhls ein und bringt einen ökologischeren und recycelbaren «Eames Plastic Chair» auf den Markt, dessen Schale aus Polypropylen besteht. Vitra entwickelt jedoch die Herstellungsmethoden für Fiberglas weiter, sodass das Material heute für die Umwelt wie auch für die Gesundheit der Menschen unbedenklich ist. Der neue Glasfasersitz ist sogar recycelbar.

So sind heute die beliebten Fiberglas-Stühle der Eames wieder erhältlich und sind die perfekte Ergänzung zum bestehenden Sortiment. Die zwei Stuhlvarianten aus Polypropylen oder Fiberglas passen perfekt an denselben Tisch und bilden zusammen eine stimmige Einheit. Die Stühle haben ähnliche Silhouetten, aber die Fiberglas-Variante fällt durch ihren speziellen Charakter auf: Ihre Haptik ist robust, und die Fasern, die sich auf der Oberfläche kreuzen, machen jeden Stuhl zu einem Unikat und unterstreichen besonders die von den Eames kreierten Originalfarben. Monika Burri 

Steckbrief

Einmal bunt durchs Jahrhundert gestapelt-2
Charles und Ray gehören zu den bedeutendsten amerikanischen Designern des 20.Jahrhunderts. Sie waren auch in den Bereichen Architektur, Kunst und Film tätig. Bild: Eames Office LLC

Charles Eames (1907–1978) aus St. Louis, Missouri, studierte Architektur an der Washington University in St. Louis und war mit Partnern als Architekt von Wohnhäusern und Kirchen tätig. Dank einem Stipendium kam Eames 1938 an die Cranbrook Academy of Art, wo er später einen Lehrauftrag für Design bekam. 1940 gewann er einen wichtigen Designpreis des Museum of Modern Art in New York und übernahm im gleichen Jahr die Leitung der Abteilung für Industriedesign an der Cranbrook Academy of Art.

Ray Eames, (1912–1988) als Bernice Alexandra Kaiser in Sacramento, Kalifornien, geboren, studierte Malerei am Bennett College in Millbrook, New York. Bis 1937 besuchte sie an der Hans Hofmann School of Fine Arts Kurse in Malerei, und 1937 nahm sie an der ersten Ausstellung abstrakter amerikanischer Künstler im Riverside Museum in New York teil. 1940 immatrikulierte sie sich an der Cranbrook Academy of Art.