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Farbenfroh, transparent und nachhaltig

Möbeltrends: Auch das Jahr 2022 startete nicht wie erhofft mit einem Messemarathon. Doch still steht die Einrichtungswelt auch in Pandemiezeiten nicht – hier die Trends und Entwürfe für die neue Wohnsaison.

Farbenfroh, transparent und nachhaltig

Leichter Lounger: Der Sessel 119 von Sebastian Herkner knüpft an die Thonet-Tradition an. Bilder: PD

Die Pandemieerfahrung der letzten Monate hat unter anderem dazu geführt, dass wir es uns zu Hause behaglich machten. War unser Zuhause zuvor lediglich ein Teilbereich des Lebens, verbrachten wir auf einmal so viel Zeit wie nie zuvor in den eigenen vier Wänden. Zum zentralen Möbelstück wurde der Tisch. Ein besonders markantes neues Exemplar stammt aus der Feder der Designerin Sabine Marcelis für den niederländischen Hersteller Arco: Mit dem Massivholz-Esstisch «Dew» hat die gefragte junge Niederländerin ein skulpturales Objekt aus einfachen organischen Formen geschaffen. «Die geschwungenen Kanten laden zur Interaktion ein. Die Menschen wollen die Weichheit und Wärme des Holzes spüren», sagt sie. Das Möbel bietet Platz für sechs, acht oder zehn Personen – und wechselt problemlos vom Esstisch zum Homeoffice-Arbeitsplatz.

Möbelstücke wie Skulpturen

Skulpturale Möbel sieht man derzeit allerorten. So balanciert die «Savignyplatz Console» von Sebastian Herkner scheinbar ein langes Sideboard nur auf einem Bein. Der Entwurf aus massiver Eiche für das kanadische Label Man of Parts ergänzt ein Programm aus Schreibtisch und Esstisch. Ein Möbel wie eine Skulptur ist auch «Seyun». Die Kollektion ist aus einer Zusammenarbeit von Japans führendem Holzmöbel-Hersteller Karimoku Furniture mit Studio Zaha Hadid Design hervorgegangen. Dahinter steht die innige Verbindung der 2016 verstorbenen Stararchitektin zu Japan. Die gestalterische Sprache der Sitzmöbel folgt den für Zaha Hadid typischen dynamischen Linien, die von den Kunsthandwerkern Karimokus skulptural ausgearbeitet wurden. Die Möbel werden mit modernsten Holzbearbeitungsmaschinen von Karimoku hergestellt und in sorgfältiger Handarbeit von den Kunsthandwerkern des Unternehmens gefertigt – CNC trifft auf Handwerk.

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Facettenreich: So bestechend simpel die Konstruktion des «Sol Side Table» von Classicon aus unterschiedlichen Glasflächen scheinen mag, so vielschichtig ist sie auf den zweiten Blick.
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Zaha Hadid Design meets Karimoku: Bei der Möbelkollektion treffen zeitgenössisches Design und japanisches Handwerk zusammen.

Nachhaltigkeit wird die Designentscheidungen der Zukunft prägen. Das Material und dessen Herkunft, die ökologische Verarbeitung, aber auch das Vermeiden von Produktionsabfällen sowie die Möglichkeit des Recyclings spielen eine bedeutende Rolle. Kein Wunder, feiert Naturholz ein furioses Revival. Hochwertige Möbel aus Holz sind langlebig, schadstoffarm und für ein ganzes Menschenleben gemacht. Bugholz und Rohrgeflecht prägen den neuen Sessel «119» von Sebastian Herkner. Der aufs Wesentliche reduzierte Loungechair für den Bugholzspezialisten Thonet unterstreicht in Formgebung und Fertigung die Balance zwischen Tradition und Innovation. «Deshalb passt der Sessel so gut zu Thonet», erklärt der Designer. In der Herstellung kommen erneut Handarbeit und Technologie zusammen: Einzelne Bauteile werden handwerklich im Bugholzverfahren gefertigt, andere wiederum durch neueste CNC-Technologie umgesetzt.

Zukunftsorientierte Gestaltung

Eine gelungene Symbiose zwischen Natur und Technik ist auch die Stuhlfamilie «Nate» von Atelier Steffen Kehrle (ASK). Der Münchner Designer nutzt in seinem Entwurf für den Objektmöbelhersteller Brunner eine ungewöhnliche Lösung: Der aus Eiche und Buchenholz gearbeitete Stuhl wird durch eine Zarge aus vollständig recyceltem Polypropylen zusammengehalten. «Ein klassischer Holzstuhl besteht aus mehreren Einzelteilen, die miteinander verleimt werden. Er wird als Ganzes verpackt und verschickt. Auch bei ‹Nate› ist die Zarge das verbindende Element», erklärt Kehrle. «Aber die einzelnen Teile, die Beine und die Sitzfläche, werden mit der Zarge verschraubt, nicht verleimt. Damit wird der Holzstuhl am Ende seines Lebenszyklus sortenrein trennbar und recycelbar.» 2022 treten Weiss, Grau und gedämpfte Erdtöne den Rückzug an. Bühne frei für Farbe, heisst es nun.

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Seventies-Revival: Zum 50igsten Jubiläumdes Leuchtenklassikers «Parentesi» präsentiert Flos eine Neuauflage in Turquoise und Orange Signal.
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Holzstuhl 2.0: Die Stuhlfamilie «Nate» von Atelier Steffen Kehrle (ASK) ist eine gelungene Verbindung von Natur und Technologie.

So bringt die Serie aus kleinen Beistelltischen «Thierry» von Piero Lissoni farbenfrohen Glanz in den Raum. Mit den Tischplatten aus Glas und Beinen aus Metall spielen die Schmuckstücke mit dem Licht im Raum. Die Farbpalette reicht von angesagtem Bordeaux über klassisches Meeresblau bis zu elegantem Londoner Rauchgrau, drei bis vier Farben einer Farbfamilie können bei der Gestaltung des Tischs kombiniert werden. Der italienische Designer liess sich in seinem Entwurf für Kartell von Paul Cézanne inspirieren: «Licht ist etwas, das nicht nachgebildet werden kann, sondern durch etwas anderes dargestellt werden muss, nämlich durch Farbe», sagte einst der französische Maler. In leuchtendes Orange hüllt sich das Polstermöbel «Soriana»: Der italienische Big Player Cassina holte diese Ikone aus ihren Archiven zurück und liess sie unter Verwendung umweltfreundlicher Materialien wieder aufleben. Das Sofa wurde 1969 von Afra und Tobia Scarpa entworfen und im folgenden Jahr mit dem begehrten Compasso d’Oro ausgezeichnet. Bei dem Möbel wird die opulente Polsterung aus Polyesterwatte durch Metallbügel in Form gehalten. Mit der Wiederauflage knüpft Cassina auch an das Revival der 1970er-Jahre an. Nachdem sich eine gewisse Midcentury-Müdigkeit ausgebreitet hat, hat man nun die jüngere Vergangenheit wiederentdeckt. So präsentiert die Leuchtenfirma Flos den Klassiker Parentesi (1971) von Achille Castiglioni & Pio Manzu.

Mehr Transparenz und Schattenspiel

Mit dem Seventies-Revival ist auch Transparenz wieder gefragt. Schon damals waren zeitlos wirkende Einrichtungsgegenstände aus Acryl, Glas oder Kunststoff beliebt. Heute präsentieren sich die durchsichtigen Möbel erfrischend modern und gleichzeitig verspielt. Die transparenten Beistelltische «Sol Side Table» von Classicon erscheinen auf den ersten Blick simpel. Doch die farbigen Elemente der Tische aus der Feder des spanischen Designer-Duos Ortega Guijarro fügen sich je nach Blickwinkel, Lichteinfall und Schattenspiel zu immer neuen Silhouetten zusammen. Glaskunst spielt auch bei den Deko-Objekten dieses Jahr eine grosse Rolle.

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Blickfang im Raum: Der markante Holztisch «Dew» von Arco ist aus einfachen organischen Formen zusammengesetzt.
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Ikone in Knallorange: Cassina lässt das Sitzmöbel «Soriana» aus den Siebzigerjahren mit umweltfreundlichen Materialien wiederauferstehen.
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Bunte Schmuckstücke: Die Serie kleiner Beistelltische «Thierry» von Kartell bringt Farbe ins Ambiente.

Vasen und Schalen aus dem zerbrechlichen Werkstoff sind weitaus mehr als Gefässe für Blumen oder Obst – sie werden zu ausdrucksstarken Skulpturen, die gut für sich alleine stehen können. Die Vase «Rips» von Carina Seth Andersson, ein Entwurf für Poltrona Frau, wird von venezianischen Meistern mundgeblasen. Die Rillen verleihen der Oberfläche eine Dreidimensionalität–und stehen für einen weiteren Trend: Überall sieht man derzeit Oberflächen mit Reliefstruktur und diagonalen Linien. Ein anderes Material, das zurück auf dem Trendradar ist, ist Bouclé. Denkt man bei dem dicken, flauschigen Stoff zunächst an das weltberühmte Coco-Chanel-Kostüm aus den 1950er-Jahren, feiert er nun ein fantastisches Comeback im Interior-Design. So schmückt der weiche Zwirn den Stuhl «Nana». Der Entwurf des deutschen Shooting Stars Hanne Willmann für den Hersteller Freifrau ist eine gelungene Verbindung aus Softness und geradliniger Designsprache. Trotz seines voluminösen Looks besticht er durch seine Eleganz und Raffinesse. Das Sitzpolster schmiegt sich in ein Gestell aus pulverbeschichtetem Stahlrohr. «Als sässe man auf Wolken», lautete Willmanns Anspruch. Andrea Eschbachturen