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«Von Anfang an eine Herzenssache»

«Von Anfang an eine Herzenssache»

Ein Bijou von einem Bauernhaus: Das «Rauchhaus» präsentiert sich heute wie neu und trotzdem historisch. Bild: Eveline Beerkircher

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Renovation Die komplette Sanierung des denkmalgeschützten, 560 Jahre alten «Rauchhauses» in Küssnacht am Rigi dauerte über zwei Jahre – ganz nach dem Motto «Was lange währt, wird endlich gut».

Ein Kran hebt den ganzen Rumpf des uralten Bauernhauses ab, das hölzerne Gerippe schwebt in der Luft und wird neben das Fundamentin die Wiese gestellt. So geschehen im Mai 2018 am Sigisrütiweg in Küssnacht am Rigi. Für den spektakulären Umbau des «Rauchhauses» ist Besitzer Walter Beeler verantwortlich. Er hat das Bauernhaus vor 20 Jahren gekauft, weil er als Kind unmittelbar in der Nachbarschaft aufgewachsen war. «Dieses Haus war von Anfang an eine Herzenssache, denn ich wusste, dass ich es nicht abreissen durfte», so der Einheimische. Anfänglich wohnten noch Mieter im baufälligen Gebäude, bis es dem Besitzer zu gefährlich wurde.

Walter Beeler, Inhaber einer Küssnachter Metallbaufirma, wusste lange nicht, wie es mit dem Bauernhaus und dem angrenzenden Stall weitergehen sollte. Klar war von Beginnan, dass eine Sanierung des Rauchhauses viel Zeit und Geld in Anspruch nehmen würde. Darum stand das Gebäude erst einmal 15 Jahre lang leer, bis es zu Beelers persönlichem Spezialprojekt wurde. Zusammen mit Franz Kenel von der Rigi Holzplan GmbH erstellte er provisorische Zeit- und Baupläne, immer im Wissen, dass diese Totalsanierung Zeit verschlingen würde und sie mit viel Unvorhergesehenem rechnen mussten.

Historische Wände und Balken müssen bleiben

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Für die Erneuerung des Fundaments musste das ganze Haus abgehoben werden.

Das Rauchhaus ist eines der ältesten Häuser in der Region. Der Kernteil stammt nach Untersuchungen des Holzes aus dem Jahr 1455 und stand bis vor 190 Jahren an einem anderen Ort in der Gegend, man weiss jedoch nicht genau, wo. Das haben Fachleute aufgrund der nummerierten Balken feststellen können.Jedenfalls nahmen Zimmerleute um 1830 das Haus auseinander und bauten es am heutigen Standort wieder auf. «Wir waren begeistert, als wir den hervorragenden Zustand des Holzes und die geniale Bauweise analysieren konnten», sagt Franz Kenel. Das Bauernhaus sei ohne eine einzige Schraube errichtet worden. «Das Bauen nur mit Holzverbindungen ist extrem aufwendig und erfordert die hohe Zimmermannskunst», weiss er. Weil in dem Haus auf dem Dachboden Fleisch geräuchert wurde, sind die Balken mit der Zeit fast komplett schwarz geworden. So wurde das ehemalige «Streif»-Haus, wie es früher in Küssnacht bekannt war, passenderweise in «Rauchhaus» umbenannt. Bei dieser Faktenlage ist nicht weiter erstaunlich, dass die Denkmalpflege ein wesentliches Wörtchen mitreden wollte. Diese zeigte sich jedoch in einigen wichtigen Bereichen kooperativ. So durfte der Bauherr Balkone anbringen, das Treppenhaus ausserhalb des eigentlichen Hauses anbauen und die Fassade mit Holzschindeln versehen.

Die hohe Zimmermannskunst ist gefragt
     

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Über Jahrzehnte baufällig: Das Gelände mit dem Rauchhaus und den Schuppen vor dem Umbau. Bilder: Rigi Holzplan

Planer und Bauführer Kenel stand nun also vor der grossen Herausforderung, ein denkmalgeschütztes, baufälliges Haus den heutigen Ansprüchen ans Wohnen und Leben anzupassen. Dazu gehören etwa die Gebäudehülle mit Isolation, die Statik, der Brandschutz und der Wunsch nach einem Sitzplatz draussen. Der Denkmalschutz forderte möglichst die komplette Erhaltung der Originalwände und Raumeinteilung – die Zimmermänner waren somit gefordert und auch von Beginn an täglich auf der Baustelle. «Mit dem ortsansässigen Holzbauunternehmen Bisang hatten wir hoch qualifizierte Fachleute im Einsatz», sagt der Bauführer. Denn die eine oder andere Überraschung blieb ihm nicht erspart. «Das Fundament war in einem so schlechten Zustand, dass wir es neu verankern mussten.Wir hätten sonst nicht weiterarbeiten können», so Kenel. Dafür musste der gesamte Rumpf unter schwierigen Umständen abgehoben werden, die Grundmauern mit Originalsteinen tief in den Boden gebohrt werden, um am Schluss den eigentlichen Hausteil erneut auf die Grundmauern aufzusetzen.

Bauen unter Hochdruck war unmöglich
      

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Bei den aufwendigen Sanierungsarbeiten mussten die Zimmermänner die alten Balken mehrfach abstützen. Bild: Rigi Holzplan

Der ganze Prozess ging nur langsam voran. Bei einem derart alten Haus ist es von Vorteil, nur wenige Arbeiter auf der Baustelle zu haben, weiss Holzprofi Kenel. «Wir haben darauf geachtet, dass besonders die Zimmerleute exakt und in Ruhe arbeiten konnten.» Das hat sich gemäss dem Bauherrn gelohnt. Das Haus sei qualitativ in einem Top-Zustand. «Nach all den Jahren kommt es auf einige Monate mehr oder weniger nicht mehr an», meint Beeler mit seinem bodenständigen Humor. Doch wie beurteilt er rückblickend den ganzen Prozess? Die Sache sei eigentlich positiv verlaufen, bilanziert er.«Einzig die Baubewilligung hätte beim ersten Antrag, nach einem Jahr Vorarbeiten und Abklärungen mit der Denkmalpflege, erteilt werden sollen.»Nur mithilfe eines Anwalts erhielt Beeler dann endlich grünes Licht. «Von da an war es eine grosse Freude, die Entwicklung des Hauses mitzuverfolgen», schwärmt er. Zurzeit laufen noch die Sanierungsarbeiten am Stall. Dieser wird nur instand gesetzt, hat jedoch keine weitere Funktion ausser schön dazustehen.Ob er nochmals ein Projekt dieser Art stemmen würde? «Das kann man nie sagen, aber wohl eher nicht. Jetzt freue ich mich erstmals zusammen mit den Mietern über das neue Rauchhaus.» Monika Burri