Das Bundesparlament, von links bis rechts, pokert mit unserer Altersvorsorge seit vielen Jahren sehr hoch. Hart erkämpfte parlamentarische Kompromisse werden regelmässig mit Referenden torpediert und die Bevölkerung verweigert sich bei Abstimmungen den demografischen Realitäten. Die Leidtragenden sind die Jungen. Heute finanzieren drei erwerbstätige Personen einen Rentner, 2050 stehen zwei Erwerbstätige einem Rentner gegenüber.
Reformen sind längst überfällig
Der Reformstau lässt unser einmal führendes Vorsorgesystem international ins hintere Mittelfeld abrutschen. So rangiert die Schweiz lediglich auf Platz 23, gemäss des Allianz Pension Report 2020, hinter Bulgarien, Italien oder Kasachstan. Grund dafür ist die fehlende Nachhaltigkeit der Finanzierung. Durch die massive Quersubventionierung in der beruflichen Vorsorge, von den Erwerbstätigen zu den Rentnern, wird das Kapitaldeckungsverfahren immer mehr zum Umlageverfahren. Damit verspielen wir den einmaligen Vorteil der diversifizierten Finanzierung der Altersvorsorge und setzen die Stabilität des Systems als Ganzes aufs Spiel.
Mutiges Handeln trägt Früchte
Das schwedische Vorsorgesystem ist in vielerlei Hinsicht Spitzenreiter. Die in den 1990er-Jahren eingeführten umfassenden Rentenreformen tragen Früchte. Die Schweden sind nicht nur in der Digitalisierung führend, sondern können uns auch in der Altersvorsorge ein Vorbild sein. Die Finanzierung ist langfristig sichergestellt und die Leistungen orientieren sich an den demografischen Realitäten. Die Schweden sagen sich, besser eine tiefere, dafür langfristig sichere Rente! Der Rentenumwandlungssatz und damit die Rentenhöhe wird bei Pensionierung aufgrund der Lebenserwartung pro Jahrgang festgelegt. So entstehen keine «Verrentungsverluste», die von Erwerbstätigen oder dem Staat finanziert werden müssen.
Die Anlagestrategie der Vorsorgegelder bestimmen die Schweden selber. Sie können aus Hunderten von Anlagefonds auswählen. Ein grosser Vorteil des schwedischen Rentensystems ist seine Flexibilität. So kann das Rentenalter ab 62 Jahren frei gewählt werden.
Neben der lebenslangen Rente kann eine gleichbleibende oder sinkende Zeitrente gewählt werden. Auch nach Rentenantritt kann die Rentenzahlung unterbrochen oder reduziert werden. Dank dieser Flexibilität sind Teilzeitarbeit im Rentenalter oder optimales Abstimmen der Rentenform auf den Verzehr des Privatvermögens möglich. René M. Weibel*