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«Ein gutes Netzwerk kann Türöffner sein»

Zur Person

«Ein gutes Netzwerk kann Türöffner sein»

Björn Engeli, Rektor des Kollegium St. Michael in Zug. Im Hintergrund das Schulgebäude. Bild: Maria Schmid (3. November 2020)

«Grüezi, Herr Engeli.» Fast gleichzeitig begrüssen die drei Schülerinnen ihren Rektor, als sie ihn vor dem Kollegium St. Michael erblicken. «Hallo mitenand», gibt Engeli in warmem Ton zurück. Der kurze Dialog illustriert das Credo der 148 Jahre alten Privatschule an der Zugerbergstrasse, die eine familiäre Atmosphäre vermitteln will. Schülerinnen und Schüler sollen sich hier zu Hause fühlen und sich bestmöglich weiterentwickeln, sagt Björn Engeli wenig später im Gespräch mit unserer Zeitung.    

Muss ein Schüler um jeden Preis ans Gymnasium? Wie beeinflusst die Wirtschaft die Bildung? Diese Fragen beantwortet Björn Engeli, Rektor und Geschäftsführer des privaten Kollegiums St. Michael in Zug.

Herr Engeli, zuerst einmal vielen Dank, dass Sie sich für ein Interview Zeit nehmen.

Björn Engeli: Gern geschehen. Schön, dass Sie zu uns ans Kollegi kommen. Ich gebe Ihnen sehr gerne einen Einblick in unsere Schule. 

Was unterscheidet das Kollegium St. Michael als private Schule von den öffentlichen?

Wir sind mit gut 100 Schülerinnen und Schülern kleiner als die meisten öffentlichen Schulen, dadurch familiär und sehr agil. Schüler- und Lehrerschaft lernen sich intensiv kennen und niemand muss Angst haben, in einer Masse unterzugehen, wie es ihm oder ihr vielleicht an einer grossen öffentlichen Schule passieren könnte. Wir pflegen ein vertrauensvolles Miteinander und legen Wert auf ein leistungsförderndes Umfeld. Das alles trägt dazu bei, dass die Schülerinnen und Schüler weiterkommen – menschlich, aber auch schulisch. 

Schulisches Weiterkommen, das heisst der Übertritt ans Gymnasium spätestens nach der dritten Sek?

Nein, ganz und gar nicht. Wir empfehlen einen Übertritt ans Gymnasium, wenn wir das Gefühl haben, die Schülerinnen und Schüler sind dafür auch bereit. Ein Wechsel ans Gymi auf Biegen und Brechen nützt niemandem etwas. Nicht dem Kind, nicht den Eltern, nicht uns. Wir legen auch grossen Wert auf die Berufswahl-Vorbereitung.

Wie sieht diese Vorbereitung aus?

Die Schülerinnen und Schüler befassen sich zusammen mit unserem Berufswahlcoach schon sehr früh damit, wo ihre Interessen und Fähigkeiten liegen und welcher Beruf zu ihnen passen könnte. Zudem besuchen wir in normalen Jahren die Zentralschweizer Bildungsmesse (Zebi) in Luzern und die Berufsmesse Zürich, um nur zwei Beispiele zu nennen.   
        

Diese Beilage befasst sich auch mit der Frage, wie sich Wirtschaft und Bildung beeinflussen. In Deutschland warnt die Forschung beispielsweise, dass Unternehmen zu viel Einfluss in den Schulen gewinnen. Wie sehen Sie das?

Die Diskussion muss in meinen Augen geführt werden. Der Einfluss der Wirtschaft sollte sicher nicht überhandnehmen. Aber diese Gefahr sehe ich in der Schweiz nicht. Es ist seit je ein Wechselspiel: Die Schulen bilden das aus, was in der realen Welt gesucht wird. Und da spreche ich nicht nur von fachlichen Kompetenzen, sondern auch von Aspekten wie Teamgeist, Kreativität oder Sozialkompetenz, die immer wichtiger werden. 

Ganz konkret: Wie ist das Kollegium St. Michael mit der Wirtschaft verbandelt?

Wir pflegen den Austausch mit ansässigen Firmen und laden immer wieder Führungskräfte, aber auch Lehrlinge ein, die von ihrem Arbeitsalltag und ihrem Unternehmen erzählen. Zudem sind wir Mitglied in der Zuger Wirtschaftskammer, was uns sehr wichtig ist. Ein gutes Netzwerk kann Türöffner sein.

Immer wieder kam und kommt aus der Wirtschaft die Forderung, den sogenannten Mint-Fächern mehr Gewicht zu geben. Wie reagiert das Kollegium St. Michael darauf?

Mint-Fächer haben bei uns tatsächlich einen wichtigen Stellenwert. Wir haben auf der Primarstufe mehr Unterricht als die öffentlichen Schulen in den Fächern Medien und Informatik sowie Natur, Mensch, Gesellschaft. Auf der Sekundarstufe I ist uns das handelnde Lernen in Natur und Technik ein grosses Anliegen. Extra dafür haben wir 200 Experimentierkästen angeschafft, die regelmässig zum Einsatz kommen.

Die Anforderungen an Kinder und Jugendliche sind heute grösser als noch vor 20 Jahren. Würden Sie das so unterschreiben?

Heute sind nicht bessere, sondern andere Fähigkeiten gefragt. So spielen heute ein hoher Grad an Anpassungsfähigkeit und Lernwille eine sehr wichtige Rolle. Aber nicht jedes Kind muss zum IT-Spezialisten ausgebildet werden. Auch wenn sich die Welt heute in einem rasanten Tempo verändert – schlussendlich ist es wichtig, dass sich die Schule auf jene Themen besinnt, auf die es tatsächlich ankommt: Es geht darum, junge Menschen zu befähigen, fit fürs Leben zu werden. Interview: Kilian Küttel

Zur Person

Björn Engeli (45) ist Rektor und seit dem 1. Januar 2020 Geschäftsführer des Kollegiums St. Michael Zug, das von der Schulen St. Michael AG getragen wird. Bevor der gebürtige Schaffhauser 2014 zur Privatschule stiess, war er acht Jahre an der Schweizer Schule in Singapur, drei davon als hauptverantwortlicher Schulleiter. Der Vater zweier Kinder ist verheiratet und lebt in Zug.