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Digitale Ausbildung als Herausforderung

Digitale Ausbildung als Herausforderung

Die Schülerinnen und Schüler müssen schrittweise digital ausgebildet werden, um fit zu sein für ein Studium oder eine Berufslehre. Bild: Stefan Kaiser (Zug, 11. August 2020)

Von Schulabgängern, die in der Wirtschaft eine Ausbildung antreten, wird Kompetenz in Informations- und Kommunikationstechnologien (ICT) erwartet. Die diesbezügliche Bildung der Kinder und Jugendlichen obliegt den Schulen. «Es gibt primär zwei Forderungen der Wirtschaft», fasst der Zuger Bildungsdirektor Stephan Schleiss zusammen. «Mehr Informatikfachkräfte auszubilden und sämtliche Schulabgänger mit einer ICT-Grundkompetenz auszurüsten.»Vor allem auf gymnasialer Stufe setze man bezüglich des Fachkräftemangels im Fach Informatik starke Akzente. Um die gesamte Schuljugend fit zu machen für den Übertritt in eine Lehre oder weiterführende Ausbildung, sei mit dem Lehrplan 21 gesamtschweizerisch ein Konzept entwickelt worden, das ab der fünften Primar- bis zur dritten Sekundarstufe aufbauenden Unterricht beinhalte. «Dieses Konzept bildet das Fundament der Ausbildung. Selbst einfaches Programmieren ist mittlerweile Teil des Volksschullehrplans», so Schleiss. «Digitalisieren bedeutet automatisieren und vernetzen. Es ist wichtig, dass die Schüler die digitale Welt von Grund auf verstehen.»Das sei aber bei weitem nicht einziges Ziel des neuen Unterrichts. «Die Kinder müssen beispielsweise den kritischen Umgang mit Informationen aus dem Internet lernen.» Das nötige Rüstzeug dafür würde der Grundlagenunterricht ebenso liefern wie die Informatiklektionen. «Das Fundament an ‹klassischer› Bildung bleibt auch künftig wichtig.»Die Herausforderung dabei bleibe jedoch, die Konzepte und Lehrpläne dem sich rasch voranschreitenden Entwicklungsprozess ständig anzupassen. Dies betreffe sowohl die Infrastruktur als auch die Didaktik beziehungsweise die fachliche Schulung der Lehrpersonen. «Auch dem Thema Datensicherheit kommt eine grosse Bedeutung zu.» Zu diesem Thema gebe es bereits drei Vorstösse seitens von Zuger Lehrpersonen, die mit der aktuellen Situation seit dem 2015 erlassenen Sparprogramm unzufrieden seien.«Trotz Sparprogramm haben wir jedoch immer noch ein Budget von 2,5 Millionen Franken jährlich für die kantonalen Schulen zur Verfügung», betont Schleiss. Dieser Betrag werde für Infrastruktur, Software, Support durch Fachleute sowie für die Anschaffung von Geräten der Lehrpersonen eingesetzt. «Wir erkennen das Problem der Datensicherheit an und sind daran, ein Schutzkonzept zu erarbeiten.»Dabei müsse man bedenken, dass es in dieser Frage kein Schwarz-Weiss-Denken gebe. «Datenschutz wird immer ein Graubereich bleiben, da sich die Situation permanent verändert.» Man könne nicht erst loslegen, wenn alle Datenschutzprobleme gelöst seien. «Es werden immer wieder neue Fragen auftauchen oder juristische Anpassungen vorgenommen werden müssen. Eine gewisse Spannung bleibt, das muss man einfach aushalten.»Die Frage der Datensicherheit liege jedoch nicht nur am professionellen technischen Support, sondern auch an der Disziplin jedes einzelnen Anwenders. «Hier müssen die Lehrpersonen Vorbildfunktion einnehmen, beispielsweise, was eine konsequente Datensicherung auf der Cloud anbelangt sowie die Vermeidung einer leichtfertigen Preisgabe persönlicher Daten.»

Die Wirtschaft will IT-kompetente Schulabgänger. Keine leichte Aufgabe für die Zuger Schulen angesichts der rasanten Entwicklung.

«Es ist wichtig, dass die Kinder die digitale Welt von Grund auf verstehen.»

Stephan Schleiss
Bildungsdirektor

Die Strategie des Kantons stärkt die Eigenverantwortung

Diese Meinung teilt auch Hansjörg Truttmann, Rektor des Kaufmännischen Bildungszentrums Zug (KBZ) und Mitglied des Lenkungsausschusses Informatik der kantonalen Schulen (Leiks). «Es ist natürlich immer unglücklich, wenn Veränderungen über Sparprogramme initiiert werden. Aber nun ist es nicht zu ändern», stellt er fest. «Für das KBZ ist die Strategie durchaus passend. Sie unterstützt uns in unserer Schulentwicklung, stärkt die Eigenverantwortung und sorgt für verlässliche finanzielle Rahmenbedingungen.»

Aus Truttmanns Sicht ist der Kanton bezüglich ICT-Bildung recht gut aufgestellt. «Wir haben zum Beispiel in Rotkreuz das Departement Informatik der Fachhochschule Zentralschweiz, das einen regelrechten Boom erlebt.» Die Berufsbildung sei à jour, und die Mittelschulen seien mit dem neu obligatorischen Fach Informatik ebenfalls gut unterwegs.

«Ich glaube, die Wirtschaft erwartet, dass ihre Mitarbeitenden willens und fähig sind, IT-Instrumente immer besser einzusetzen, nicht zuletzt auch für das lebenslange Lernen.» Und sie brauche IT-Fachleute. In den letzten Jahrzehnten sei diesbezüglich unglaublich viel passiert. «Diese Entwicklung wird weitergehen.»

Inhaltlich seien die Lehrpläne der einzelnen Bildungsgänge, die oftmals gesamtschweizerisch vorgegeben seien, wegleitend. «Die Lehrpläne in der Berufsbildung liegen in der Verantwortung der Wirtschaftsverbände.» Für die didaktisch-methodische Umsetzungsarbeit sind die einzelnen Schulen zuständig. «Das ist sinnvoll, weil sie sehr unterschiedlich sind, etwa hinsichtlich Auftrag, Grösse, Entwicklungsstand und auch was das Profil der Lernenden betrifft.» So sei die Berufslehre der Informatiker natürlich nicht zu vergleichen mit einer Berufsattestausbildung im Detailhandel oder mit den Inhalten, die das Gymnasium vermittle. «Zentral ist die Entwicklung des Unterrichts und des Lernens mit Unterstützung durch digitale Medien. Hier ist die Lernkurve mittlerweile recht steil.» Immer mehr Lehrpersonen auf allen Stufen seien vertraut damit und lernten täglich dazu.

Für deren Qualifizierung gebe es ein breit gefächertes Angebot. Zudem würden die Schulen interne Fortbildungen anbieten. «Bei uns am KBZ tun wir das seit vielen Jahren intensiv.» Die Ausrüstung der Lehrpersonen erfolge nach dem Prinzip «Bring your own device» und werde durch den Kanton finanziell unterstützt.

ICT-Strategie bis zum Jahr 2022 umgesetzt

Die gemeindlichen Schulen im Kanton Zug seien in einem sehr fortgeschrittenen Stadium in Bezug auf die digitale Bildung, stellt Philipp Wüthrich, Leiter der ICT-Fachgruppe des Kantons Zug Oskin, fest. «Bis zum Jahr 2022 wird die ICT-Strategie für gemeindliche Schulen des Kantons Zug umgesetzt sein.»

Der Modullehrplan «Medien und Informatik» beschreibe die digitale Ausbildung der Kinder als fächerübergreifende Aufgabe der Schule, wobei ein systematischer Aufbau von Kernkompetenzen formuliert werde. «Parallel dazu sollen über die ganze Volksschulzeit hinweg spezifische Kompetenzen und in allen Fächern Anwendungskompetenzen vermittelt werden.» Der Modullehrplan «Medien und Informatik» sei in drei Bereiche aufgeteilt: «Medien» – Medien thematisieren und selber produzieren, «Informatik» – selbstständiges Entdecken und Begreifen» sowie «Anwendungskompetenzen». Um den Lehrpersonen das n
ötige Rüstzeug mitzugeben, würden verschiedene Nachqualifikationskurse und Grundlagenmodule angeboten. «Ausserdem erhalten sie ein Gerät von der Schule.» Ferner seien geschulte Animatoren im Einsatz, welche den Lehrpersonen bei der Integration von digitalen Medien pädagogische, didaktische, methodische, aber auch technische Unterstützung bieten würden.

Unterstützung durch Experten

«Die gemeindlichen Schulen arbeiten mit verschiedenen Organisationen zusammen, beispielsweise mit Pro Juventute, Zischtig.ch, Swisscom, Microsoft und weiteren Medienprofis.» Diese würden Weiterbildungen, Elternabende und medienspezifische Hilfestellungen anbieten.

«Die ICT-Fachgruppe Oskin pflegt einen Austausch zwischen den Volksund den weiterführenden Schulen. Bei Letzteren sind auch die Berufsschulen vertreten.» Der Austausch zwischen Schule und Elternhaus sei ebenfalls unabdingbar, betont Wüthrich. «Er findet in den gemeindlichen Schulen an Elternbesuchstagen, an Elternabenden oder speziellen Anlässen intensiv statt.» Kinder und Eltern schätzten den Unterricht und den guten IT-Ausrüstungsstand der gemeindlichen Schulen sehr. «Die Abgabe von Laptops an Schülerinnen und Schüler ab der fünften Klasse stösst auf breite Zustimmung.»

Die Kosten für Unterricht und Ausrüstung tragen die Gemeinden selbst. Im Bereich Nachqualifikation und Weiterbildung der Lehrpersonen in Medien und Informatik beteiligt sich der Kanton zu 50 Prozent. Die ICT-Animatorenausbildung wird zu 100 Prozent durch den Kanton finanziert.

Cornelia Bisch