Anzeige

Im Reich des Übergangs

Interview - Der Zürcher Designer Jürg Boner hat für einen Schweizer Bettenhersteller ein Massivholzbett entwickelt. Im Interview verrät er unter anderem, wie er ein Bett entwickelt.

Im Reich des Übergangs

Jörg Boner

Jörg Boner (52) hat für den Schweizer Bettenhersteller Riposa das Massivholzbett «Ais» entwickelt. Im Gespräch mit «Lebensräume» erfahren wir, was Betten mit Typografie zu tun haben, wie es sich mit dem Zelten im Freien verhält und welche Beleuchtung im Schlafzimmer passend ist.Jörg Boner, wie haben Sie letzte Nacht geschlafen?Danke für die Nachfrage. Zum Glück schlafe ich eigentlich immer gut.Das Schlafzimmer ist der privateste Ort im Zuhause. Wie schafft man einen Rückzugsort?Für mich ist entscheidend, wo das Schlafzimmer im Grundriss liegt. Wenn man zum Beispiel in einer Familie lebt, stellt sich die Frage, ob man in der Mitte des Geschehens schlafen soll oder aber eher am Rand. Meiner Meinung nach sollte das Schlafzimmer nicht das Zentrum der Wohnung sein. Aber jedes Mal, wenn ich über das Schlafzimmer nachdenke, finde ich es eigentlich einen merkwürdigen Ort.

Weshalb merkwürdig?

Man verbringt viel Zeit seines Lebens darin, aber eher weniger bei Tageslicht. Dieser Raum kennzeichnet den Übergang von Tag zu Nacht und umgekehrt. Das Bett ist dabei die Umrandung, die uns bei diesen Wechseln schützt und behütet.

Ihr Bett «Ais» für den Schweizer Hersteller Riposa symbolisiert eine schützende Umrandung.

Ja, ich wollte, dass das Bett da, wo man es berührt, weich ist, anmutig zum Anfassen. Aber ich wollte in dem Entwurf auch nicht alles «verrunden», das wäre langweilig. Daher lasse ich gerade, klare Linien auf runde Formen treffen – ein Spiel zwischen Gegensätzen. So ist die Oberkante vom Kopfteil sehr kantig. Diese berührt man nicht, im Gegenteil zur geschwungenen Form am unteren Kopfteil, die der Hand im Schlaf einen angenehmen Ort bietet. Alles, was nah am Körper ist, ist bei «Ais» abgerundet geformt.

Welche Inspirationen haben Sie beim Entwurfsprozess geleitet?

Ich habe mich tatsächlich von der Typografie inspirieren lassen. So wie ein O mal dicker, mal dünner gezeichnet sein kann, so hab ich mit den Dicken des Rahmens gespielt. An der Seite ist der Rahmen schmal, das Fussteil ist dagegen recht breit und kann auch als Bänkli dienen.

Geht die Zusammenarbeit mit Riposa weiter?

Ja, gerade haben wir ein neues Farbkonzept für das Bett entwickelt. Das Eschenholz bekommt durch Farben ganz neue Aspekte. Die zeitgemässe Farbgebung eröffnet neue Möglichkeiten für den Einsatz des Bettes – es zeigt auch, dass Massivholz ja nicht zwangsläufig rustikal und schwer daherkommen muss.

Wie positioniert man das Bett am besten im Raum?

Ein Bett an der Wand gibt Sicherheit. Aber ein Bett wie etwa «Ais» kann auch gut im Raum stehen, denn hier übernimmt das Kopfteil die Schutzfunktion der Wand. Das Gefühl von Sicherheit ist für erholsamen Schlaf extrem wichtig. Das erfährt man am besten draussen in der Natur. Da ist es ganz wichtig, an welcher Stelle man das Zelt platziert. Ein Ur-Instinkt, der funktioniert: Wo fühle ich mich geschützt im Schlaf, wo kann ich mich in Sicherheit zurückziehen?

Im Reich des Übergangs-2
Das Massivholzbett «Ais» von Jörg Boner wirkt leicht und vermittelt Ruhe und Ausgeglichenheit. Bilder: PD

Wie wichtig ist das Material?

Materialien spielen eine grosse Rolle. Sind diese bei einem Bett, im Gegensatz zu einem Tisch, doch sehr nahe an unserem Körper – und dies jede Nacht für einige Stunden. Mir ist aber nicht nur die Oberfläche ein Anliegen. Wie bei vielen anderen Produkten spielt auch der Materialaufbau innen eine grosse Rolle. Da ist es auch für die Kundschaft wichtig, genau hinzuschauen. Die Qualitätsunterschiede im Bettenmarkt sind enorm.

Ein grosses Thema dieses Jahr ist ja das Homeoffice. Dieses wird gerne im Schlafzimmer untergebracht. Wie wirken sich Steuerunterlagen und Bürokram auf meinen Schlaf aus?

Tatsächlich ist neuerdings der Schlafbereich schnell mal kontaminiert mit Arbeit. Am besten trennt man den Schlafbereich sichtbar vom Arbeitsbereich ab, beispielsweise mit Paravents. Paravents sind leicht und einfach verstellbar.

Wie schafft man genügend Stauraum, so das sein Schlafzimmer nicht zur Rumpelkammer wird?

Vielleicht müsste man sich fragen, ob der Stauraum tatsächlich im Schlafzimmer sein muss. Als Variante könnte man versuchen, den Kleiderschrank näher beim Bad hinzustellen anstatt im Schlafzimmer.

Sagen Sie uns noch ein paar Worte zur richtigen Beleuchtung.

Im Schlafzimmer sollte man nicht auf ein grosses Deckenlicht, sondern am besten auf verschiedene kleine Lichtquellen setzen. So kann man auf verschiedene Situationen flexibel reagieren, von ganz hellem Licht über das Leselicht bis zum diffusen Licht. Atmosphäre spielt in diesem Raum eine wichtige Rolle, und Atmosphäre entsteht vor allem dann, wenn verschiedene begrenzte Lichtintensitäten in einem Raum vorkommen.

Und zu guter Letzt: Komfort wie im Luxushotel – was halten Sie von Boxspringbetten?

Bei diesem Bettsystem ist Qualität einfach sehr wichtig, denn es ist wie bei Autos: «Je grösser, desto besser» stimmt nicht unbedingt. Ein SUV ist nicht bedingungslos besser als ein kleineres Auto. Das ist beim Boxspringbett genauso. Wohl bei keinem anderen Bett wie beim Boxspringbett lohnt es sich, genau hinzusehen. Die Betthöhe alleine jedenfalls ist noch kein Qualitätsmerkmal. Von Andrea Eschbach
  

Schlafen wie ein Murmeltier: die wichtigsten Fakten

Bettgestelle

Ob Massivholz-, Boxspring-, Polster-, Himmelbett oder Futon: Die Entscheidung für ein Bettgestell oder einen Rahmen fällt zusammen mit der Wahl für oder gegen einen Lattenrost und mit dem Entscheid für eine bestimmte Matratzenart.

Liegehöhe und Bettgrösse

Sie sollten mindestens 50 Zentimeter weg vom Boden liegen, damit Sie von Staub und allfälligen Strahlen verschont bleiben. Diese Liegehöhe erleichtert Ihnen zudem das Aufstehen. Für die Liegefläche gilt die Faustregel Körpergrösse plus 20 Zentimeter.

Matratzen

Matratzen sind in allen möglichen Varianten erhältlich. Je höher Ihr Körpergewicht, desto mehr Volumen soll die Matratze haben. Leichteren oder älteren Menschen wird eine eher weiche Matratze empfohlen. Zu hartes Liegen führt zu Verspannungen und Durchblutungsstörungen von Beinen und Armen. Professionelle Bett- und Matratzenanbieter ermöglichen das Probeschlafen. Nur beim mehrmaligen Probeschlafen erkennen Sie den passenden Liegekomfort.

Matratzenpflege

Gehen Sie mit Ihrer Matratze sorgfältig um und achten Sie auf kompromisslose Sauberkeit. Matratzen sollten auch regelmässig gewendet werden, damit eine gleichmässige Benützung gegeben ist. Auch eine waschbare Auflage verbessert die Feuchtigkeitsregulierung und verlängert die Lebensdauer der Matratze wesentlich.

Decken

Benutzen Sie Decken, die luftdurchlässig sind und wenn möglich aus natürlichen Fasern bestehen. Je nach Jahreszeit und individuellem Hitzeempfinden empfehlen sich für den Winter Daunen-, Schaf- oder Kamelwolldecken. Für den Sommer ist Wildseide ideal.

Kissen

Für das Kissen gelten ähnliche Kriterien wie für die Matratze: Es sollte sich bestmöglich der Kopf- und Nackenform anpassen und auf die Matratze abgestimmt sein. Nur so gibt es dem Kopf den nötigen Halt und entspannt gleichzeitig Hals und Wirbelsäule.

Hygiene und Reinigung

Schlagen Sie die Decken nach dem Aufstehen zurück, damit sich Auflage und Decke rasch entlüften. Zwischendurch macht auch das Auslüften an der frischen Luft Sinn. Achten Sie auch darauf, dass Ihr Bettsystem von unten gut belüftet ist. Damit vermeiden Sie Schimmelbildung.

Fachberatung

Die Basis für einen guten Schlaf bildet das Zusammenspiel von Matratze, Bettsystem und Kissen. Eine Fachperson kann Ihnen helfen, das ganze Package auf Ihre persönlichen Schlafgewohnheiten abzustimmen. (mbu)
  

Jörg Boner

Seit 2001 betreibt Jörg Boner sein Designstudio in Zürich. Er entwirft mit seinem Team Möbel, Leuchten und industrielle Produkte für Kollektionen und produzierende Firmen im In- und Ausland. Boner gehört zu den wichtigsten Schweizer Designern der Gegenwart und ist Träger des schweizerischen Grand Prix Design von 2011.

www.joergboner.ch