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Umschwung in der Bauwirtschaft

Digitalisierung: Häuser aus dem 3D-Drucker erobern die Welt. Dabei sind sie nur das augenscheinlichste Resultat eines stattfindenden und längst fälligen Paradigmenwechsels in der Baubranche.

Umschwung in der Bauwirtschaft

In Eindhoven, NL, steht eines der ersten bezugsfähigen Häuser, das mit der 3D-Drucktechnik gebaut wurde. Bild: Project Milestone

Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht irgendwo auf der Welt ein 3D-gedrucktes Gebäude entsteht. Dass die Superlative sich dabei überschlagen, liegt vor allem daran, dass sie am Anfang einer innovativen Welle stehen. So baute Dubai – wer sonst – 2019 mit 650 m2 das grösste 3D-gedruckte Gebäude der Welt. Das erste Bürogebäude überhaupt entstand ebenfalls in den Emiraten, bereits seit 2016. Die erste 3D-Villa mit 400 m2 geht an China. Die ersten Bewohner einer 3D-gedruckten Struktur zogen 2017 in das Yhnova-Haus in Frankreich ein. Das wohl nachhaltigste 3D-Haus steht seit 2018 in Italien und wurde mit natürlichen Materialien aus der Umgebung gefertigt. Ziel ist es, eine ganze Siedlung zu bauen.

Das gesellschaftliche Potenzial der 3D-Drucktechnologie zeigen wohl am besten die kleinen, 38 m hohen Häuser in Austin, Texas, die eigens für Obdachlose gebaut wurden. Dagegen entstand 2019 das grösste Wohnhaus in den USA. 175 m2 wurden dort in acht Tagen erstellt. Und auch vor Brücken macht die neue Technik nicht halt: Die längste 3D-Brücke steht aktuell in Holland. Hierzulande entstand auf dem Empa-NEST in Dübendorf ein dreigeschossiger Baukörper, dessen Deckenplatten mit 3D-Druck hergestellt wurden. Gleichzeitig werden immer neue und vielversprechende Einsatzstoffe, Bauteile und Technologien entwickelt und getestet, Grenzen ausgelotet. Fast wird einem schwindelig, es scheint ein regelrechtes Innovationskräftemessen auf dem 3D-Markt stattzufinden.

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Die neue Art des 3D-Betonbauens findet sich auch in Deutschland. Bild: Peri

Virtuell das Haus erkunden

Dabei sind 3D-gedruckte Häuser und Roboter nur die Repräsentanten einer umfassenden Wende im Bauwesen, hinter der die voranschreitende Digitalisierung die treibende Kraft ist. Die Software BIM ist dabei die Grundlage für die digitale Transformation in der Architektur, im Ingenieur- und im Bauwesen. Mit ihr lässt sich ganz anders planen: Das gewünschte Gebäude wird zuerst virtuell als digitales Informationsmodell (BIM-Modell) parallel durch die verschiedenen Akteure wie Architekt, Bauingenieur, Gebäudetechnikplaner usw. in der Cloud entwickelt, getestet und optimiert. Der Bauherr könnte mittels Extended Reality Technologien dann zusammen mit dem Architekten virtuell begehen, z. B. Materialien auswählen und die Farbe bestimmen. Erst dann würde das Haus in der Fabrik vorgefertigt und vor Ort real erstellt. Noch ist es vor allem für kleinere beteiligte Handwerksbetriebe mit Aufwand verbunden, der Nutzen nicht unbedingt ersichtlich. Doch das Potenzial ist enorm.
                 

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Nachhaltiger 3D-Bau mit natürlichen Materialien in Italien. Bild: 3D Wasp

Klimaveränderung als treibender Motor

Dabei ist die Digitalisierung in der Bauwirtschaft im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen erst am Anfang. Laut Markus Weber, Präsident von Bauen digital Schweiz, bildet die Bauwirtschaft aktuell gar das Schlusslicht. Deshalb wird sich seit Jahren intensiver mit den neuen Möglichkeiten, welche die Digitalisierung und damit auch Technologien wie der 3D-Druck bieten, auseinandergesetzt. Die Bauwirtschaft steht also in einem entscheidenden Übergangsprozess. Das ist auch dringend nötig, denn der Gebäudepark westlicher Länder wie die Schweiz trägt wesentlich zur Klimaveränderung bei. Und auch die Verknappung der Ressourcen zwingt die Baubranche, nachhaltiger und langfristiger zu planen und z. B. Baumaterialien vermehrt in den Kreislauf zurückzuführen. Dann würde der Gebäudepark Schweiz zum Materiallager für zukünftige Neubauten. Dominique Simonnot