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Eigenmietwert – kommt der Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung? Reto Näf und Sanjin Jusovic von TRUVAG Treuhand St. Gallen klären auf.

Eigenmietwert – kommt der Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung? Reto Näf und  Sanjin Jusovic von TRUVAG Treuhand St. Gallen klären auf.

Wird das Volk wieder über den Systemwechsel abstimmen müssen? Bild: PD

Entstehung und aktuelle Situation Seit 1934 ist der Eigenmietwert Bestandteil im schweizerischen Steuerrecht. Ursprünglich wurde er zeitlich begrenzt und per Notrecht zur Gesundung des Bundeshaushaltes eingeführt. Eigenheimbesitzer müssen den amtlichen Eigenmietwert als Einkommen versteuern, sowohl beim selbst genutzten Wohneigentum als auch bei Zweitwohnungen. Bei Renditeliegenschaften im Privatvermögen müssen die Mieterträge versteuert werden. Obwohl der Eigenmietwert in der Praxis massvoll, das heisst regelmässig unter Marktwert festgelegt wird, handelt es sich um ein fiktives Einkommen.Im Gegenzug können Gewinnungskosten in Abzug gebracht werden: Kosten für Unterhalt, Instandstellung von neu erworbenen Liegenschaften, Versicherungsprämien und die Verwaltung durch Dritte. Zudem sind die privaten Schuldzinsen im Umfang der steuerbaren Vermögenserträge und weiterer CHF 50000 abzugsfähig. Weitere Abzugsmöglichkeiten sind: Kosten für energiesparende und umweltschonende Investitionen, denkmalpflegerische Arbeiten sowie Rückbaukosten im Hinblick auf einen Ersatzneubau. Bund und Kantone gewähren bei überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Liegenschaften in jeder Steuerperiode die Wahl zwischen den tatsächlichen Liegenschaftskosten oder dem Pauschalabzug.

Parlamentarische Initiative

Die steuerliche Erfassung des Eigenmietwerts wurde immer wieder kontrovers diskutiert und zunehmend infrage gestellt. Mehrere Abschaffungsversuche, so im Rahmen des Steuerpakets 2001 oder mit der 2009 eingereichten Volksinitiative «Sicheres Wohnen im Alter», sind bislang gescheitert. Schliesslich befasste sich die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) mit der von Nationalrat Hans Egloff eingereichten Motion und verabschiedete 2017 eine parlamentarische Initiative, welcher auch die nationalrätliche Schwesterkommission (WAK-N) in der Folge zugestimmt hat. Inzwischen liegt ein Gesetzesentwurf mit entsprechendem Bericht der WAK-S vor.

Vorgesehene Änderungen

1. Selbst genutztes Wohneigentum am Hauptwohnsitz:
– keine Besteuerung des Eigenmietwerts
– kein Gewinnungskostenabzug (Unterhalt, Instandstellung neu erworbener Liegenschaften, Versicherungen, Verwaltungskosten)
– kein Abzug von Energiespar- und Umweltschutzinvestitionen sowie Rückbaukosten beim Bund; die Kantone können diese weiterhin zulassen
– kein Abzug privater Schuldzinsen, Ersterwerber mit befristetem Schuldzinsabzug (bis max. CHF 5000 je Steuerpflichtigen, absteigend über max. 10 Jahre) Minderheitsantrag: privater Schuldzinsenabzug im Umfang von 70 Prozent der steuerbaren Vermögenserträge

2. Zweitwohnungen und Renditeliegenschaften im Privatvermögen:
– Besteuerung des Eigenmietwerts bzw. der Mieterträge bei Renditeliegenschaften
– Gewinnungskosten weiterhin abzugsfähig
– kein Abzug von Energiespar- und Umweltschutzinvestitionen sowie Rückbaukosten beim Bund; die Kantone können diese weiterhin zulassen
– kein Abzug privater Schuldzinsen, Minderheitsantrag: privater Schuldzinsenabzug im Umfang von 70 Prozent der steuerbaren Vermögenserträge

Mögliche Inkraftsetzung

In der Herbstsession 2021 sagte der Ständerat mit 20 zu 17 Stimmen Ja zur Vorlage. Schuldzinsen sollen entsprechend dem Minderheitsantrag weiterhin abzugsfähig sein, der Eigenmietwert auf Zweitwohnungen soll bleiben. Nun wird sich der Nationalrat mit der Vorlage beschäftigen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass wie schon in der Vergangenheit das Referendum ergriffen wird und das Volk über den Systemwechsel abstimmen muss. Bis die Änderungen auch in den kantonalen Gesetzgebungen umgesetzt sind, wird nochmals einige Zeit vergehen. Die Umsetzung könnte frühestens auf das Steuerjahr 2024 vollzogen werden.

Fazit

Hauseigentümer sollten die Entwicklung unbedingt weiterbeobachten. Um von der steuerlichen Abzugsfähigkeit beim Bund und bei den Kantonen profitieren zu können, müssten insbesondere planbare Renovationen von Liegenschaften vor Inkrafttreten durchgeführt werden. Es empfiehlt sich, rechtzeitig mit dem Steuerberater in Kontakt zu treten.
    

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Autor


Reto Näf
dipl. Treuhandexperte Partner
Vorsitzender der Geschäftsleitung der TRUVAG Treuhand und Revisions AG
St. Gallen

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Autor


Sanjin Jusovic
dipl. Wirtschaftsprüfer Partner
Mitglied der Geschäftsleitung der TRUVAG Treuhand und Revisions AG
St. Gallen