Bei der Pensionierung stellt sich die Frage: Wähle ich die Rente, oder beziehe ich das Kapital? Die Renten-Umwandlungssätze sinken seit längerem immer weiter, teilweise bis unter 5 Prozent. Das entspricht einer Rendite auf dem Alterskapital von unter 1 Prozent pro Jahr. Im aktuellen Zins- und Inflationsumfeld mit Negativzinsen und sehr tiefer Inflation ist das allenfalls noch akzeptabel. Auf längere Frist müssen wir jedoch mit steigender Inflation und höheren Zinsen rechnen. Die Pensionskassenrente wird aber nicht automatisch der Teuerung angepasst, somit droht hier mittelfristig ein einschneidender Kaufkraftverlust.Die Möglichkeit eines Kapitalbezugs könnte somit mit dieser Ausgangslage eine bessere Variante sein, denn so profitieren Rentner von höheren Zins- und Kapitalerträgen, und sie sind zumindest teilweise gegen Inflation geschützt. Ist der Entscheid zum Kapitalbezug einmal gefällt, muss gehandelt werden. Aber wie soll das Alterskapital nun rentabel und sicher angelegt werden?
Immobilien gelten als sichere und gute Anlagen. Die Immobilienpreise in der Schweiz sind in den letzten zwölf Jahren um durchschnittlich 40 Prozent gestiegen. Auch Schweizer Aktien stiegen in dieser Zeit, gemessen am SMI, sogar um 85 Prozent, allerdings mit teilweise extrem grossen Schwankungen. Beide Anlagemöglichkeiten weisen zudem eine Gemeinsamkeit auf: Sie benötigen einen langen Anlagehorizont, um die Schwankungsrisiken über die Zeit zu glätten.
Immobilienbesitz im Alter ist nicht risikolos
Selbst bewohntes Wohneigentum kann eine gute Kapitalanlage sein, jedoch nur wenn das Pensionskassen-Altersguthaben mehr als 500000 Franken beträgt. Unter dieser Schwelle sollte man trotz tiefer Umwandlungssätze die sichere, lebenslange Rente beziehen. Bevor man sich bei der Pensionierung zum Kauf einer Immobilie oder zur Amortisation der bestehenden Hypothek entscheidet, sollte man eine umfassende Finanzplanung machen, denn es geht um sehr viel Geld. Zudem können einmal getroffene Entscheide nur schwer wieder rückgängig gemacht werden. Fakt ist: Immobilien bringen eine gute Rendite, dies aber nicht ohne Risiken. Eine Ereignisplanung beleuchtet diese Aspekte und dient als Entscheidungsgrundlage.
Guter Rat ist nicht gratis, aber lohnt sich
Die Nachfrage nach Immobilien ist in den letzten Jahren vor allem aufgrund der sehr tiefen Schuldzinsen stark gestiegen. Dadurch ist Wohneigentum heute vielerorts sehr teuer. Es besteht somit auch die Gefahr, eine überteuerte Immobilie zu erwerben. Der Immobilienpreis sollte immer durch eine unabhängige Fachperson geprüft werden. Ein unabhängiger Immobilienexperte verrechnet zwar ein Honorar, dafür bekommt man aber eine Bewertung mit der möglichen Bandbreite für einen vernünftigen Kaufpreis. Der realistische Wert dieser Immobilie berücksichtigt nicht nur das Objekt, sondern weitere wichtige Faktoren wie Lage, Anbindung an den öffentlichen Verkehr, Einkaufsmöglichkeiten, Gesundheitseinrichtungen sowie Schulen. Dadurch bekommt man auch einen Anhaltspunkt zur Wiederverkäuflichkeit der Immobilie.
Ob die Hypothekarzinsen auf mittlere und längere Frist so tief bleiben, ist unsicher. Eine Art Normalisierung auf den historischen Mittelwert von 3 bis 4 Prozent ist nicht auszuschliessen. Diese Tatsache kann das Haushaltsbudget eines Pensionärs auf den Kopf stellen. Diese Rechnung kennen auch die Banken, was sich in der Tragbarkeitsberechnung widerspiegelt – dem entscheidenden Kriterium für die Hypothekarvergabe.
Steigende Zinsen beeinflussen den Wert erheblich
Das heisst konkret: Die Wohnkosten dürfen nicht mehr als einen Drittel des Einkommens beanspruchen, allerdings nicht zu den aktuellen Tiefzinsen, sondern basierend auf einer Hypothekarzinsbelastung von 5 Prozent. Dazu kommen meistens noch kalkulatorische Nebenkosten von 1 Prozent. Allenfalls vorhandenes Vermögen kann jedoch mit 5 Prozent an das Renteneinkommen angerechnet werden. Oftmals wünschen die Banken dann zusätzlich, dass diese Vermögenswerte bei ihnen deponiert sind. Kulantere Bankinstitute hingegen verlangen lediglich einen Vermögensnachweis, wie etwa einen Depotauszug der Drittbank oder die aktuelle Steuererklärung. Sollte die Tragbarkeit nicht mehr gewährleistet sein, verlangen viele Banken eine Teilrückzahlung der Hypothek oder kündigen sogar das Immobiliendarlehen.
Wie die Erfahrungen aus den 1990er-Jahren zeigen, verlieren Immobilien bei steigenden Zinsen rasch an Wert. 1992 sanken die Immobilienwerte vielerorts um gegen 30 Prozent. Es brauchte mehr als zehn Jahre, bis die Immobilienpreise das Vorkrisenniveau wieder erreicht hatten.
Man kann sich somit überlegen, die Hypothek vollständig zurückzuzahlen, ganz nach dem Motto: «My home is my own castle.» Die Amortisation der Hypothek finanziert man aus freiem Vermögen oder mit dem PK-Kapitalbezug. Aber Achtung: Aufgrund der strengen Tragbarkeitskriterien kann eine spätere Wiederaufstockung der Hypothek jedoch zum Problem werden, weil die zur Rückzahlung der Hypothek benötigte Liquidität allenfalls im Alter fehlt. Langfristige Überlegungen zu den Möglichkeiten mit dem bestehenden Haushaltsbudget sind also wichtig, weil vielleicht noch weitere Projekte wie etwa eine lange Reise oder anderweitige Investitionen geplant sind.
Renditeliegenschaften ganz genau prüfen
Wer sich überlegt, anstelle der Altersrente eine Immobilie zur Vermietung zu kaufen, muss sich weiterer Risiken bewusst sein. Eine einzelne Immobilie stellt ein erhebliches Klumpenrisiko dar. Sinken die Immobilienpreise, wird die Bank eine Nachfinanzierung einfordern. Da bei Renditeliegenschaften die Eigenkapitalquote mit 20 bis 30 Prozent meistens eher tief ist, verliert man beim Sinken der Immobilienpreise von 15 Prozent schon 50 Prozent des eingesetzten Kapitals. Zudem besteht ein Leerstandsrisiko: Mietausfälle von zwei bis drei Monaten vernichten eine ganze Jahresrendite. René M. Weibel